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Von Gspon nach Zermatt - Hochtourenwoche vom 10. bis 16. Juli 2011

Weshalb erinnern wir uns stets wieder an eine solche Woche, wo liegt ihr Reiz, was macht das unvergessliche intensive Erlebnis aus? Ist es die einzigartige, stets wechselnde Naturkulisse in der wir uns bewegen, das gruppendynamische high light, die körperliche Anstrengung und Herausforderung, oder der Gegensatz zum hektischen Alltag, oder ist es die anschliessend spürbare angenehme Entspannung? Oder ist es ganz einfach die seltsame Erfahrung, umsonst, nur gegen einige Schweisstropfen, durch das Überwinden eigener Grenzen, etwas tolles, unwiderbringliches und bleibendes erreichen zu können?

10. Juli – von Zürich nach Gspon: Abschied vom Alltag

Sonnenterrasse Gspon Kurz vor 10 Uhr treffe ich André, den ersten Teilnehmer aus Birr, im Café gegenüber dem „Treffpunkt“ im Hauptbahnhof. Wenig später kommt Rolf aus Richterswil dazu, dann Oliver aus Glattbrugg und vor lauter diskutieren vergessen wir beinahe, uns um 10.30 Uhr nach draussen, zum Treffpunkt vor dem Café zu begeben: hier warten schon die übrigen 13 Teilnehmer/Innen: eine bunte Gruppe aus Frauen und Männern im Alter zwischen 16 und 71 Jahren!

Mit dem IC 820 verabschieden wir uns vom hektischen Treiben des Hauptbahnhofs in Richtung Visp im Wallis. Hier steigen wir in die „gemächlichere“ Matterhorn-Gotthard-Bahn um und fahren nach Stalden im Vispertal. Nach der unglaublich kurzen Gesamtfahrtzeit von knapp zweieinhalb Stunden, verlassen wir den Zug im verträumten Stalden, wo sich das Vispertal in das Matter- und Saastal aufteilt. Unmittelbar gegenüber dem Bahnhofgebäude von Stalden geht unsere Reise weiter mit einer kleinen Luftseilbahn welche uns nun in zwei Sektionen rund 1000 Meter höher auf die Sonnenterrasse Gspon bringt.

Wir quartieren uns in gemütlichen Zimmern des Berghotel „Alpenblick“ ein und erkunden anschliessend die Sonneninsel „Gspon“: die einen sitzen auf der Gartenterrasse und geniessen den Blick auf den gegenüber liegenden Balfringletscher, oder das Schwarzhorn, wo wir vor einem Jahr standen, andere schlendern durch die sonnengeschwärzten Walserhäusern oder besuchen den höchst gelegenen Fussballplatz Europas, auf einer Höhe von 1800 Metern.

11. Juli – Höhenweg von Gspon nach Kreuzboden: allmähliches Einlaufen

Sonnenuntergang auf Hohsaas Noch im kühlen Schatten, verschont von den sengenden Sonnenstrahlen, brechen wir frühmorgens zum Kreuzboden auf der hoch über Saas Grund liegt. Auf der anderen Talseite, beispielsweise die Gipfel des Lammenhorn oder Balfrin, leuchten die Bergspitzen bereits in der Morgensonne. Auf einem schönen Wanderweg, leicht ansteigend und hoch über dem Saastal, laufen wir in Richtung Süden, vorbei an Alpen mit seltsamen urtümlich und geheimnisvoll anmutenden Namen wie „Oberfinilu“, „Obere Schwarze Wald“, „Färiga“ oder „Hoferälpji“. Durch schattige Lerchenwälder, Schluchten und steile Abhänge, gelangen wir ab „Hoferälpji“ auf einer Höhe von 2250 Metern, definitiv an die nun schweisstreibende Sonne!

Entschädigt werden wir dafür mit dem grandiosen Panorama dieses Höhenweges, je weiter wir in Richtung Kreuzboden vorankommen: die Mischabel-Gruppe mit dem Dom, dem höchsten ganz in der Schweiz liegenden Gipfel (4479 Meter), der Alphubel, dass Allalinhorn und ganz in der Ferne der Mattmark-Stausee und der Monte Moropass, die ganze Kulisse öffnet sich allmählich.

Kurz nach Mittag rasten wir nochmals oberhalb „Hannig“, bevor wir zum Kreuzboden aufbrechen. Nach gut sechs Stunden erreichen wir, recht „ausgetrocknet“, dieses Aussichtsplateau. Von hier führt uns eine Gondelbahn noch hinauf zur Hohsaashütte, dem heutigen Tagesziel, auf einer Höhe von 3101 Metern!

Am Abend stossen die zwei Bergführer, Philipp Zehnder aus Naters und Hugo Lagger von der Bettmeralp zur Gruppe. Sie werden uns ab der morgigen Tour für drei Tage begleiten: mit 18 Personen sind wir jetzt vollzählig.

12. Juli – Weissmies, 4017 Meter: der erste Viertausender

Aufstieg zum Weissmies Wir frühstücken um 5.00 Uhr, bereits fertig angezogen mit Anseilgurt! Um 05.30 Uhr brechen wir bei wolkenlosem Himmel auf zum ersten Viertausender: dem Weissmies, dessen Gletscherabbrüche wir gestern von der Hohsaas-Terrasse aus bestaunt und studiert haben. Der Aufstieg geht im unteren Bereich mitten durch diese schroffen Abbrüche, vorbei an haushohen Eiswänden und tiefen Gletscherspalten. Respektvoll und zügig passieren wir diesen Abschnitt und pausieren kurz auf dem ersten abgeflachten Gletscherteil, dem „Frühstücksplatz“.

Danach wird die Aufstiegsspur wieder steiler. Die „dünnere“ Luft, d.h. der abfallende Sauerstoffanteil in dieser Höhe, lässt uns tiefer durchatmen und unser Schritttempo wird langsamer. Auf etwa 3800 Metern trinken wir nochmals vom wärmenden Tee aus der Thermosflasche, bevor wir definitiv den letzten Gipfelaufschwung anpacken. Dieses letzte steile Teilstück ist beschwerlich und muss von jedem Einzelnen konzentriert, sorgfältig und trittsicher begangen werden. Die Steigeisen halten gut im festen Firnschnee: aber ein Ausrutscher wäre in dem abschüssigen Gelände gefährlich!

Punkt 9.00 Uhr erreichen wir bei strahlendem Sonnenschein und ungetrübter Rundsicht den Gipfel auf 4017 Metern Höhe, ab und zu treibt der Wind eine Nebelschwade von Süden her um den Weissmiesgipfel, hüllte uns ein, um uns aber auch ebenso rasch wieder frei zu geben. In diesem Wechselspiel von Sonne und Nebel geniessen wir den Gipfel, gratulieren einander, fotografieren, stärken uns um dann bald wieder vorsichtig den Abstieg zu beginnen. Der Firnschnee ist inzwischen an der wärmenden Sonne weicher geworden. Je weiter wir absteigen desto mehr sinken unsere Steigeisen ein im matschigen Sulzschnee der auf dem Gletscher liegt.

Gegen 11.00 Uhr erreichen wir durstig und glücklich ob des tollen Erlebnisses die Hohsaashütte wo uns die gastfreundliche Wirtin, Frau Werlen, nochmals versorgt. Schliesslich packen wir alles zusammen, fahren mit der Gondelbahn hinunter nach Saas Grund, von hier mit dem Postauto nach Saas Fee wo uns die Felskinnbahn wieder in luftige Höhen bringt.

In gut einer Stunde erreichen wir von der Mittelstation Felskinn aus – über Schnee und Geröllfelder – die Britanniahütte, unser Tagesziel auf einer Höhe von 3030 Metern. Die Sonne ist inzwischen verschwunden, der Himmel mit grauen Wolken verhangen, nichts gutes für den kommenden Tag ankündigend. Zwei grosse ältere Steinböcke, einige Meter von uns entfernt vor der Britanniahütte grasend, begrüssen uns – ein besonderer Abschluss für den heutigen Tag!

13. Juli – Britanniahütte SAC, 3030 Meter: Schlechtwetterprogramm

Hüttentag in der Britanniahütte SAC Der Wind pfeift um die Hütte und der Regen fällt auf das Metalldach und plätschert in dünnen Wasserfällen auf die Steinplatten: dies die Nachtgeräusche für den, der ab und zu aufwacht! Die Verhältnisse ändern sich auch bei Tagesanbruch kaum: die Hütte bleibt in graue Wolken gehüllt, der Regen fällt ununterbrochen – mal etwas intensiver, mal etwas nachlassend. Wir jassen, diskutieren, lesen, essen und schlafen: ein Hüttentag, der das eigentliche Tagesprogramm, die Besteigung des Strahlhorns, vergessen lässt.

Pünktlich um 19.30 Uhr ruft Vreni an, die zuverlässige Wetterfee und unsere ständige „Verbindungsstation“ und teilt uns mit, dass die Wetteraussichten für den kommenden Tag wieder besser seien – dies lässt uns hoffen.

14. Juli – Britanniahütte-Allalinhorn (4027 Meter)-Feechopf-Täschhütte: high light

Aufstieg zum Feechopf Tatsächlich! Der Regen hat aufgehört, die grauen Wolken jedoch sind geblieben. Frühmorgens brechen wir von der voll besetzten Britanniahütte auf um in der Mittelstation Felskinn die erste Bahn zur Bergstation Mittel Allalin, auf 3457 Metern Höhe zu erreichen. Wir schaffen es: nun folgt die erste Überraschung! Als wir gegen 08.00 Uhr die Endstation der unterirdischen Standseilbahn erreichen und das Bahngebäude verlassen, begrüssen uns über einem endlosen Nebelmeer die strahlenden Viertausender rund um Saas Fee, im grellen Licht der aufgehenden Sonne stehend. Wir sind überwältigt.

Rasch ziehen wir die Steigeisen an, seilen uns gruppenweise an und aufwärts geht’s in Richtung des nächsten Viertausenders, des Allalinhorns. Im frisch gefallenen Schnee legen unsere vier Gruppen eine neue Aufstiegsspur. Ein erster Halt machen wir auf rund 3800 Metern Höhe, dem Feejoch, bei ungetrübter Weitsicht. Ein Blick nach rechts, auf den Feechopf und dessen Grat, zeigt uns, was nach dem Gipfel des Allalinhorns, noch auf uns wartet!

Gemächlich ansteigende Serpentinen ziehend, in monotonem, gleichmässigem Schritttempo, prägen wir eine Spur in den Neuschnee und erreichen gegen 10.00 Uhr das Gipfelkreuz auf dem Allalinhorn in einer Höhe von 4027 Metern: strahlender Sonnenschein, prachtvolle Weitsicht und ein tiefes Glücksgefühl, sind der Lohn des Aufstiegs. Nun folgt die zweite Tagesüberraschung, die wir uns jedoch selbst „erarbeiten“ müssen! Nach langsamem und vorsichtigem Abstieg vom Allalinhorn erreichen wir wieder das Feejoch, wo wir nur kurz einen Schluck aus der Thermosflasche nehmen. Dann geht es weiter über einen ausgesetzten Fels- und Schneegrat zum Feechopf.

Da die gegenseitige Seilsicherung auf diesem ausgesetzten Grat schwierig ist, gehen wir langsam und mit äusserster Vorsicht: in der ersten und der letzten Gruppe jeweils ein Bergführer an der Spitze. Problemlos und glücklich erreichen wir schliesslich mit dem Feechopf das Ende des Grates, nun gibt es keine technischen Schwierigkeiten mehr bis zur Täschhütte.

Da die Wärme der Mittagssonne inzwischen den Firnschnee stark aufgeweicht hat, wird der Abstieg über den Alphubelgletscher mühsam: tief sinken wir ein, teils bis zur Hüfte. Nach gut 1300 Metern Abstieg, erreichen wir am späteren Nahmittag die Täschhütte welche auf einem Absatz liegt, an der rechten Hangseite der Täschalp. Nach Schnee und Eis ist die grüne Umgebung und die vielen Edelweiss rund um die Hütte eine angenehme Abwechslung. Unsere beiden Bergführer Philipp und Hugo verlassen uns hier, nachdem wir uns ausgiebig für die kundige Führung bei ihnen bedankt und verabschiedet haben.

15. Juli – Über die Pfulwe zum Hotel Fluhalp: geniales Panorama

Auf der Pfulwe Hochnebelartige Bewölkung liegt über dem Tal als wir um 07.00 Uhr aufbrechen. Der Blick in den Talgrund und die umliegenden Berggipfel bleibt uns verwehrt. Dank Karte und GPS finden wir in der feuchten Wiese den wenig begangenen Weg, die teils spärlichen Wegspuren, zum Mellichsand, dem hintersten Teil der Täschalp. Hier stossen wir auf den markierten Bergwanderweg zur Pfulwe, einem imposanten Übergang zwischen dem Rimpfisch- und dem Fluehorn.

Dem Mellichbach folgend, dann auf einer Seitenmoräne verlaufend, wird der Weg immer schmaler, bis er auf einer Höhe von 3'000 Metern nur noch streckenweise auszumachen ist. Dafür sind wir nun über dem Nebel und geniessen einen wolkenlosen Himmel.

Gegen 11.00 Uhr erreichen wir auf 3155 Metern gelegen, den Scheitelpunkt des Überganges und damit öffnet sich uns der Blick auf die Viertausender rund um Zermatt: vom Matterhorn, dem meist fotografierten Gipfel der Alpen, bis zur Dufourspitze liegen sie vor uns – ein prachtvoller Ausblick den wir für eine Stunde geniessen.

Über Felsblöcke, dann auf einer gut sichtbaren Spur durch Alpweiden, führt uns der Weg hinunter zum fast hundertjährigen Berghotel Fluhalp, wo wir am Nachmittag eintreffen. Geduscht und frisch bekleidet, geniessen wir die Sonnenterrasse und die prachtvolle Aussicht. Interessiert verfolgen wir auch das geschäftige Treiben des Personals, das den Wintergarten liebevoll für eine abendliche Hochzeitsgesellschaft schmückt. Bei einem kleinen Apéro, einigen bewegenden und auch humorvollen Abschiedsworten von Heinz Witzig, lassen wir die eindrückliche Woche nochmals an uns vorbeiziehen.

16. Juli – Stellisee-Blauherd-Zermatt und Zürich: Ende eines wertvollen Erlebnisses

Abschiedsparty auf der Fluhalp Erneut ist uns das Wetter gut gesinnt: die umliegenden Gipfel begrüssen uns hellrot leuchtend in der Morgensonne. Unterhalb der Fluhalp, verweilen wir kurz: von hier stammen die berühmten Fotos vom Matterhorn, das sich stolz in einem kristallklaren und spiegelglatten See abbildet, als wollte es sein würdevolles Bild selbst von allen Seiten begutachten: dem Stellisee.

Bei der Bergstation Blauherd besteigen wir die Gondel, fahren hinunter nach Sunnegga und von hier mit der unterirdische Standseilbahn nach Zermatt. Schliesslich kommen wir pünktlich um 12.58 Uhr im Zürich-HB an und damit endet eine abwechslungs- und erlebnisreiche Woche, die wohl für alle unvergesslich bleiben wird.

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Statistik:

Total Aufstieg: 3'856 m
Total Abstieg: 4'222 m
Total Distanz: 43.4 km

Telefonnummern:

LSB Stalden – Gspon

027 952 12 35

Hotel Alpenblick, Gspon, Ursla Mühlematter

027 952 22 21

LSB Kreuzboden – Hohsaas

027 958 15 80

Bergrestaurant Hohsaas, Familie Werlen

027 957 17 13

Britanniahütte SAC, Thérèse Andenmatten

027 957 22 88

Täschhütte SAC, André Lerjen

027 967 25 97

Hotel Fluhalp, Hans Taugwalder (Hotel Pollux)

027 967 25 97

LSB Blauherd – Zermatt / Zermatt Tourismus 027 966 81 00

Karten:

Landeskarten der Schweiz 1:25'000: 1308 St. Niklaus; 1309 Simplon; 1329 Saas, 1328 Randa; 1348 Zermatt